Humankapital (2006)

Eine audiovisuelle Installation

Michel, Angestellter im Kulturministerium, kann im Großen und Ganzen mit seiner gesellschaftlichen Stellung zufrieden sein. In sexueller Hinsicht dagegen sieht es weniger berauschend aus: Er ist weder besonders schön noch charmant, leidet zudem häufig unter Depressionen und entspricht damit nicht im Geringsten dem, was Frauen suchen. Dennoch vermutet er den Lebenssinn einzig in der sexuellen Wolllust, die er krampfhaft in jedem Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht, von der unattraktiven Arbeitskollegin bis zur thailändischen Prostituierten, herbeisehnt. Dabei muss er jedoch seinen geringen körperlichen Marktwert mit seiner Kaufkraft ausgleichen. Erst in den Armen der sinnlichen Valerie findet er seine sexuelle Erfüllung, die Befreiung von seinem männlichen Weltschmerz.
Die beiden Protagonisten Michel & Valerie, die sich nach Liebe und sexueller Geborgenheit sehnen, sind die Essenz aus den ersten Romanen von Michel Houellebecqs – sie sind „Elementarteilchen“ eines Dienstleistungsmarktes, der bis in den letzen Winkel zwischenmenschlicher Beziehungen vorgedrungen ist. Von der Suche nach Nähe zu einem Menschen ist nur die Berührung der Leiber übrig geblieben, die streng den ökonomischen Regeln folgt. Jugend und Schönheit werden zum Kapital, das den Wert des Menschen bestimmt, sein Humankapital bemisst.
„Das Unwort 2004 eignet sich gut als Titel einer Houellebecq-Collage. Denn die immergleiche These des Autors lautet: Sexuelle Freiheit hat die gleichen Folgen wie Wirtschaftsliberalismus. Sie macht den Einzelnen zu einer Fleischware im Supermarkt der Beziehungen. Der Unattraktive hat wenig Marktwert; er hat in dieser »Kampfzone« das Nachsehen. […] nordlichten zerlegt Theater in seine Grundbestandteile und trifft dabei exakt Houellebecqs Tonfall, minimalistisch und deprimiert. […] So kann der Ansatz von nordlichten aufgehen, Houellebecqs Gesellschaftskritik unpersifliert ernst zu nehmen.“ Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 24. April 2006
Darsteller­*innen
  • Knut Gabel
  • Kathrin Weber-Krüger
  • Vanessa Lutz
Inszenierung Matthias Spaniel
Ausstattung Kathrin Weber-Krüger
Dramaturgie Kathrin Weber-Krüger
Licht Monika Helfer
Musik Teja Sauer
Produktion Simone Dédé Ayivi
Trailer
Premiere 20.04.2006, Theaterhaus Hildesheim
Gastspiele Eingeladen zum outnow! Festival Bremen und Kaltstart Festival Hamburg 2007
Spieldauer ca. 1½ Stunden, ohne Pause
Aufführungsfotos Andreas Hartmann