Angriffe auf Anne (2018)

Momentaufnahmen einer un(be)greifbaren Gegenwart

Martin Crimp

Wer ist Anne? Geliebte, Touristin, Terroristin, Flüchtling, Prostituierte, Reisebegleiterin, Künstlerin? Und wer spricht über sie: die Familie, besorgte Freunde, flüchtige Bekannte, ihre Zuhälter oder Auftraggeber? Ist es wirklich die Geschichte einer tragischen Liebe, vor dem Hintergrund politischer Verfolgung? Oder wird hier vielmehr eine Frau zum Produkt gemacht, das beliebig konsumierbar ist? Ihre vermeintliche Biographie bleibt eine Abfolge vager Spuren, widersprüchlicher Informationen aus zweiter Hand – Fragmente menschlicher Identität(en) in einer Gegenwart, die mehr als eine Realität kennt.
Crimp setzt aus Bruchstücken – leitmotivisch miteinander verflochten – das Porträt einer Frau zusammen, die abwesend bleibt. All das Gesagte enthüllt (unfreiwillig) mehr über diejenigen, die über sie reden, als dass sie dem Menschen habhaft werden können: Es gibt keine Eineindeutigkeit der Ereignisse und (medialen) Bilder mehr – so ist das Stück auch 20 Jahre nach seiner deutschen Erstaufführung noch immer von aktueller Brisanz. Die umkreiste Frage nach Annes Identität wird an die Zuschauer weitergegeben: Wer sind wir? In welcher Welt leben wir? Welche Realität konstruieren wir uns täglich?
„Die einzelnen Sequenzen des Abends sind temporeich, dafür sorgt ursprünglich auch Crimps Vorlage. Anhaltende Gespräche, aus denen sich Bilder herausschälen, Geschehen. […] Spaniel jedenfalls nutzt Crimp und gibt ihm seine eigene Note: […] exzellente Szenen zeigen Anne als Künstlerin […] und nicht zuletzt Anne als Pornodarstellerin. Wie hier Gewalt auf der Bühne gezeigt wird, ohne dass es vordergründig körperlich wird – Respekt. Anne bleibt, trotz dieser und anderer elliptischer Annäherungen, ein Phantom, viele Phantome sogar. Aber sehr lebendige.“Torsten Klaus, Dresdner Neueste Nachrichten, 15.10.2018
Darsteller­*innen
  • Nils Bette
  • Maria Hedwig
  • Julia Heide
  • Katerina Horákova
  • Melanie Lange
  • Emylou Matthaei
  • Jean-Lukas Wagner
Regie Matthias Spaniel
Bühnenbild Leonie Burgmaier
Kostüm Sandra Hammermüller
Assistenz Anja Haase
Technik Nils Krüger
Trailer
Premiere 13.10.2018, DIE BÜHNE – das Theater der TU Dresden
Spieldauer ca. 100 min, keine Pause
Aufführungsfotos Maximilian Helm
Aufführungsrechte Rowohlt Theaterverlag, Hamburg 1997