Fuge 89 (2019)

Entwendete Biografien – eine zweisprachige Stückentwicklung basierend auf Zeitzeugeninterviews

„Klar fanden wir das damals gut, wo die Wende war. Weil alles schön bunt war und das hat alles so lecker geschmeckt...“ Aber war es wirklich so oder doch ganz anders? Und ist nicht „letztlich der ganze Westen ohne Geld Scheiße“? Wie empfanden die Menschen kurz nach dem Fall der Mauer, was hat sie angetrieben, bewegt, verunsichert oder verärgert? Diese und weitere Fragen sind Ausgangspunkt für die Inszenierung „Fuge 89“: Zeitzeugen verschiedener Generationen und unterschiedlicher Schichten aus Dresden und dem Raum Ústí nad Labem wurden nach ihren Erinnerungen von 1989 befragt.
Die Inszenierung spürt diesen Biografien diesseits und jenseits der deutsch-tschechischen Grenze nach und setzt sie mit den eigenen Lebenserfahrungen der Darsteller*innen (fast alles Nachwendekinder aus Ost und West) in Beziehung. Von der Zwangsgemeinschaft über die Mangelwirtschaft und friedlichen Revolution bis hin zu den (persönlichen) Lebenswegen nach der Wende – alles spielt eine Rolle, ist zugleich Anfang und Ende, Freud und Leid, Harmonie und Chaos im geteilten Erinnerungsraum eines Hinterhofs.
Reines Theater ist das nicht. Doku-Theater könnte man es eventuell nennen. Matthias Spaniel agiert seit Jahren auf dieser Kante. Dadurch wirkt es auch geradezu konsequent, dass der rote Faden dieser Inszenierung in Form schlanker roter Coca-Cola-Dosen daherkommt, von denen im Lauf des Abends nicht wenige geleert werden. In jeder Ecke, in jedem Winkel findet sich noch eine Dose, noch so ein Symbol der Verheißung westlichen Wohlstands.Rico Stehfest, Dresdner Neueste Nachrichten, 11. November 2019
Von und mit
  • Amina Widmaier, Jonas Marks, Josefine Marquardt, Marie Hahn, Michelle Reimann, Nils Bette, Nora Hardow, Reiner Lange, Sebastian Gabei und Kateřina Horáková
Regie Matthias Spaniel
Bühnenbild Leonie Burgmaier
Kostüm Sandra Hammermüller
Dramaturgie Veronika Kyrianová
Assistenz Anja Haase
Technik Nils Krüger
Produktion Annette Teufel (MEZ der TU Dresden)
Premiere 08.11.2019, DIE BÜHNE – das Theater der TU Dresden
Spieldauer 90min, keine Pause
Aufführungsfotos Karla Schröder